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Archiv der Träume

Archiv der Träume

Mitten in Zürich gibt es seit kurzem ein Fundbüro, bei dem jedoch nur ganz besondere Funde oder Verluste gemeldet werden können. Ein ungewöhnliches Kunstprojekt.

Irgendwie sonderbar: „Fundbüro 2“ steht an dem Pavillon auf dem Werdmühleplatz mitten in Zürich. Aber als eine Frau dort ihre Haarspange als vermisst melden will, klärt Andrea Keller sie freundlich auf. „Hier kann man nur immaterielle Dinge melden“, sagt sie. „Zum Beispiel Geduld oder Glück.“

Das Fundbüro ist die Idee von Keller, einer Werbetexterin, und von Kulturmanager Patrick Bolle. In dem Pavillon wurden früher Theaterkarten verkauft, jetzt hat die Stadt ihn für Kunstprojekte zur Verfügung gestellt. Keller und Bolle hatten die Idee für ihr Projekt, als sie das Häuschen in Augenschein nahmen. Ganz in der Nähe befindet sich das echte Fundbüro. Die beiden wollen Erlebtes und Herzenswünsche sammeln. Wut, Einsicht, Liebe, Trauer, Gewissheit – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, es soll ein Archiv der Träume entstehen.

Manche Vorbeikommende machen ganz spontan eine Meldung, andere sind mit vorbereiteten Ideen gekommen. Annette Fink, eine deutsche Pädagogin, hat zum Beispiel das „Bedürfnis nach Besitz verloren“. Die Vierzigjährige ist gerade in ein kleines WG-Zimmer gezogen und musste viel wegtun. Da habe sie gemerkt, dass ihr das gut tut.

Ein „Schalterbeamte“ (der Schalter ist bis Dezember einmal monatlich besetzt) nimmt die Meldungen auf: Wo haben sie xy verloren oder gefunden? Möchten Sie es wieder haben? Einige Anzeigen sind auf der Webseite des Projekts zu finden (https://www.fundbuero2.ch/), wo auch neue Verlust- und Fundmeldungen jederzeit gemacht werden können. Am Ende des Projekts soll ein Buch entstehen.

Initiatorin Andrea Keller hat berührende Momente erlebt, hat negative wie positive Geschichten gehört. Den meisten tut es gut, die Dinge mal ausgesprochen zu haben. So gesehen ist der Besuch im Zürcher „Fundbüro 2“ heilsam. „Wenn ich ein Gefühl in Worte fasse, dann sortiere ich“, sagt Keller. Das sei wie Tagebuchschreiben, man entdecke, wie man mit dem Problem umgehen könne. Und eine Verlust-Melderin meint: „Daraus entsteht vielleicht etwas Neues.“

Foto: dpa / Christiane Oelrich
Andrea Keller und Schriftsteller Thomas Meyer, der einen Tag lang den Schalterbeamten macht, vor dem Fundbüro für immaterielle Dinge

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