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Völlig von der Rolle

Völlig von der Rolle

Klopapier geht den meisten am Allerwertesten vorbei. Nichtsdestotrotz legen sich manche Kreative bei der Gestaltung mächtig ins Zeug.

Ein leises Rrrrp. Ein routinierter Handgriff. Und zack, rauscht das Toilettenpapier die Klospülung hinunter. Das schnöde weiße wird vielfach durch farbenfrohe Varianten ersetzt: rosa und gelb, mit aufgedruckten Flamingos, Eiffeltürmen, Blumen.

Warum drucken Menschen Motive ausgerechnet auf Klopapier? Und warum sind Kunden bei dem Anblick offenbar völlig aus dem (Klo)Häuschen?

Bei Hakle gibt es bedrucktes Klopapier seit etwa Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre. Mehr als 90 Millionen Rollen bringt Hakle jährlich an die Kunden – ein Viertel davon bedruckt.

Hans-Jürgen Collatz vertreibt über die Firma Design-Tissue einfarbiges Toilettenpapier – unter anderem in pink und Terrakotta. Schwarz sei aber die gefragteste Farbe und komme etwa in Szenekneipen aufs WC, die alles in schwarz-weiß halten. Badausstatter nutzen farbiges Klopapier als Hingucker. Ähnlich äußert sich Fritz Loibl von Tissuedesign, der die Blätter mit Gold und Silber verziert. Wer sein Klopapier mit 24-Karat Echtgold prägen lässt, das will er lieber nicht verraten.

Einer der Hauptanlässe für Motivklopapier ist die Hochzeit. Die Rollen dienten etwa als Verpackung für Geldgeschenke, sagt Loibl. Als zweitstärkstes Thema nennt Collatz Weihnachten. Hier diene Papier etwa mit Rentieren oder Tannenbäumen sowohl zum Verschenken als auch für die Innenausstattung. „Weihnachten wird ja heute dekoriert bis ins letzte Örtchen.“

Dazu passt die Einschätzung von Design-Professor Markus Frenzl von der Hochschule München: „Es geht um Ästhetisierung und Durchgestaltung.“ Ein anderer Aspekt: „Der Toilettengang ist eines der letzten Tabus in unserer Gesellschaft“, sagt Frenzl. Buntes Klopapier sei eine Form von Verniedlichung.

Wer das besonders individuell machen will, ist bei Karsten Ley richtig. Der Geschäftsführer der Internetseite Mach-Mich.de bietet für zehn Euro 120 Blätter Platz für alles Mögliche. So habe eine Kundin mal eine Bewerbung für eine Werbeagentur aufs Klopapier drucken lassen, ein anderer Kunde seine Doktorarbeit. Atomkraftgegner hätten schon Protest von der Rolle bestellt. Eine Enkelin habe ihrer Großmutter Klopapier mit dem Foto der Oma geschenkt, erzählt Ley. „Die Gegensätze sind das Interessante: Der eine sagt so, was er scheiße findet. Der andere meint es lieb.“

Branchenexperten schätzen den jährlichen Verbrauch an Toilettenpapier in der Bundesrepublik auf 600.000 bis 700.000 Tonnen. Am begehrtesten ist in Deutschland laut Zewa dreilagiges Klopapier mit einem Anteil von 65 Prozent. Laut GfK kaufen die privaten Haushalte in Deutschland im Schnitt pro Jahr 93 Rollen trockenes Toilettenpapier für 25,48 Euro. Vier von zehn Kunden greifen demnach zu Papier mit Dekor.

Foto: dpa
Klopapier: Alles, was das Herz begehrt. Und nicht nur das Herz.

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