Heute regiere ich!
Wer würde nicht gerne selbst einmal an den Hebeln der Macht sitzen? Im bayerischen Erlangen ist das jetzt spielerisch möglich: Im Stadtmuseum erhalten die Besucher am Eingang einen Sack voll Geld – und müssen dann die Stadt regieren.
Der Bus fährt zu selten, die Straßen sind löchrig, die Wohnungen zu teuer, die Straßenlaternen gehen viel zu früh aus. Fast täglich landen auf den Schreibtischen von Bürgermeistern und Landräten jede Menge Beschwerdebriefe. Dass es aber gar nicht so einfach ist, eine Stadt zu führen, zeigt die Mitmach-Ausstellung „Macht und Millionen. Heute regiere ich!“, bei der die Besucher in die Rolle des Politikers schlüpfen.
Am Eingang gibt es für jeden ein Samtsäckchen mit zehn Millionen Spielgeld. An zwölf Automaten, die für die einzelnen Posten des städtischen Haushalts stehen, müssen die Besucher entscheiden, wofür sie das Geld ausgeben wollen. Vom Straßenbau bis zur Einrichtung von Kindergärten, vom Wohnungsbau über Kulturinvestitionen bis zur Stadtentwicklung müssen jede Menge Entscheidungen getroffen werden.
„Wer gut wirtschaftet, bekommt am Ende eines dann folgenden Parcours augenzwinkernd einen Job als Kämmerer angeboten. Wer mit den Millionen zu verschwenderisch umgeht, riskiert einen Aufstand der Bürger“, erläutert Museumsleiterin Brigitte Korn. Sie will das abstrakte Thema Stadtpolitik in spielerischer Art und Weise darstellen und zeigen, „wie Entscheidungen in einer Demokratie zustandekommen.“
Korn hofft, dass die Besucher nach dem Rundgang besser verstehen, wie komplex Stadtpolitik sein kann und wie schwer es ist, Geld richtig zu verteilen. Der Politikwissenschaftler Ingolfur Blühdorn findet den Ansatz gut: „Politische Planspiele wie in Erlangen können dazu beitragen, die Bürger daran zu erinnern, dass es sowas wie ein Gemeinwohl keineswegs nur bei den Rechtspopulisten gibt, die zwar viel vom wahren Volk sprechen, sich aber selten die Mühe machen, praxistauglich auszubuchstabieren, was das eigentlich sein soll.“
Foto: dpa / Daniel Karmann